Heinz Lampert
Die sozio-ökonomische Bedeutung der gewerkschaftlichen
Organisation der Arbeitnehmerschaft
für eine freiheitliche und soziale Gesellschaft – gestern und heute
Abstract:
The paper deals with the importance of trade unions in former times and
at the present time. The author compares the living conditions of
working people, the forms and conditions of labor markets and the state
of enterprises in the second half of the 19th century as essential
causes of the trade unions rise with the present situation and deals
with the question, whether the differences are so essential that
society could and should renounce the functions of trade unions without
causing losses of welfare.
He argues that the improvement of the economic and social circumstances
during the 20th century would not justify restrictions of trade union
activities. Without trade unions monopsonistic and oligopsonistic forms
of labor markets would revive, the wage level would fall. The
capitalistic state of factories and enterprises has not changed
essentially. Therefore the countervailing power of trade unions seems
useful in relation to distributions policy as well as to protecting the
workers rights.
Trade unions are organizations, which have improved the position of
workers in the labor markets and within the factories. They also
essentially influenced the coming up and development of the welfare
state. Who else than the trade unions should pay attention to the task
of avoiding that the burdens of social reforms in the first line and
above all are imposed to the working people and their families?
Zusammenfassung:
Der Verfasser beschreibt zunächst die Lebenslage der Arbeitnehmer,
die Arbeitsmarktform, die Arbeitsmarktverfassung, die Lage auf den
Arbeitsmärkten und die Unternehmensverfassung in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts als wesentliche Entstehungs- und
Existenzbedingungen der Gewerkschaften. Er beschreibt dann die
Lebenslage, die Form, Verfassung und Lage der Arbeitsmärkte und
die Unternehmensverfassung der Gegenwart und überprüft, ob
die Unterschiede zwischen der Situation in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts und der Situation in der Gegenwart so wesentlich sind,
dass auf die Gewerkschaften oder auf bestimmte der von ihnen
übernommenen oder übertragenen Funktionen auf den
Arbeitsmärkten verzichtet werden kann, ohne dass
Wohlfahrtsverluste für die Arbeitnehmer und die Gesamtgesellschaft
eintreten.
Er kommt zu dem Ergebnis, dass die aus der Sicht der abhängig
Beschäftigten sehr positive Verbesserung der wirtschaftlichen und
sozialen Verhältnisse im Laufe des 20. Jahrhunderts kein Argument
für eine Einschränkung der Funktionen der Gewerkschaften ist.
Denn ohne die Gewerkschaften würde die Problematik
monopsonistischer und oligopsonistischer Marktformen wieder entstehen.
Die nach wie vor prinzipiell existierende anomale Angebotsreaktion
würde ohne die Festlegung von Tariflöhnen als Sperrklinke
gegen ein Absinken des Lohnniveaus die Lebenslage der abhängig
Beschäftigten beeinträchtigen. Auch die für den
Ordnungstyp „Marktwirtschaft“ charakteristische Betriebs- und
Unternehmensverfassung ist in ihrem Wesen nicht verändert und
lässt das gewerkschaftliche Gegengewicht verteilungspolitisch und
zur Wahrung der Arbeitnehmerinteressen in den Betrieben sinnvoll
erscheinen. Ohne die Gewerkschaften könnte der soziale Friede in
der Gesellschaft gefährdet werden.
Die Gewerkschaften stellen Organisationen dar, die die Stellung der
Arbeitnehmer auf den Arbeitsmärkten und in den Betrieben erheblich
verbessert haben. Sie haben als Vertreter von Arbeitnehmerinteressen im
politischen Raum auch die sozialstaatliche Entwicklung der
Arbeitnehmerschutz- und der Sozialgesetzgebung in beachtlichem Umfang
beeinflusst. Den Gewerkschaften kommt in der gegenwärtigen Phase
des Umbaues des Sozialstaates ganz besonderes Gewicht zu. Wer, wenn
nicht die Gewerkschaften, sollte die Aufgabe erfüllen, darauf zu
achten, dass die Anpassungslasten der Sozialstaatsreformen nicht
einseitig den Arbeitnehmern und ihren Familien aufgebürdet werden?
JEL: J31, J51, J52, J81, J83
Paper:
Paper available as pdf-file.
Beitrag Nr. 268, Volkswirtschaftliche Diskussionsreihe, Institut
für Volkswirtschaftslehre der Universität Augsburg
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Heinz
Lampert, Christof-Döring-Str. 16, D-91207 Lauf / Pegnitz,
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v.
K., 09.02.2003